Lilo und der Schmerz der Anderen
04.08-18.08.2024
Berlin
Das elfte Tanztheaterprojekt von Ohne Stimme befasst sich unter dem Titel "Lilo und der Schmerz der Anderen" mit der Geschichte und dem Poesiealbum Lilo Ermanns, einem jüdischen Mädchen, das zur Zeit des Nationalsozialismus lebte. 1943 wurde sie gemeinsam mit ihrer Familie in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau gebracht, wo sie von den Nazis ermordet wurden. In dem Projekt beschäftigen wir uns - in Verbindung mit ihrer Lebensgeschichte - mit dem Holocaust und dem Leid anderer Minderheiten. Wir wollen uns vielstimmig an das Leid unterdrückter und ermordeter Menschen erinnern, vom Widerstand gegen jede Form von Abwertung und Ausgrenzung lernen und uns das vor Augen halten, was verloren geht, wenn sich Gewalt durchsetzt.
PROJEKT IN DER HAUPTSTADT DEUTSCHLANDS
Nach den Projekten in Sarajevo, Târgu Jiu, Portbou und Saint Chély d´Apcher sowie den Wiederaufnahmen in Spichern und Saarbrücken führt es uns dieses Jahr nach Berlin. Mit 60 Teilnehmenden aus Bosnien, Frankreich, Deutschland, Spanien und den Niederlanden und dem kompletten Team um die Projektleiter*innen Heiner Buchen und Daniela Ciccolini sind wir in einer Grundschule in Spandau untergebracht. Über die zwei Wochen erarbeiten und proben die Teilnehmenden gemeinsam mit den Choerograph*innen das Tanztheaterstück, bevor es dann am 16.08.2024 im Studio 1 des Kunstquartiers Bethanien uraufgeführt wird. Vertiefend und um den Teilnehmenden das Stück und dessen Inhalte näherzubringen, sind Referentinnen für erinnerungskulturelle und historisch-politische Bildung Teil unseres Teams. Sie geben inhaltliche Inputs, die dazu dienen, den Teilnehmenden den Austausch über die diesjährige Thematik des Stücks zu ermöglichen. Teil dessen sind beispielsweise die Vorstellung bedeutender Denkmäler und deren Kontext sowie Einblicke in Geschichte und Leid verschiedener verfolgter Gruppen.
LILO ERMANNS POESIEALBUM
Bei dem Poesie-Album von Lilo Ermann handelt es sich um ein kleines rotes Büchlein mit kurzen lyrischen Texten, die von ihren Eltern, ihren Verwandten und Freund*innen geschrieben wurden. Dieses Poesie-Album wird in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem aufbewahrt. Für einige Wochen wurde das Büchlein an die Stadt Saarbrücken ausgeliehen, die Stadt in der Lilo Ermann ihre Kindheit und Jugend verbracht hat.
DER SCHMERZ DER ANDEREN
Lyrische Texte von Menschen in Europa, Asien und in Westafrika, die in Katastrophen gelebt haben, sind Ausgangspunkt für die tänzerischen Bilder, die entwickelt werden. Gedichte sind haltbarer als Prosa. Prosa verschleißt sich, wird allzu rasch vergessen. Lyrik ist unverrückbar, sie fasst Unfassbares in Worte. Gedichte sind wie Träume, die eine Möglichkeit sind, um sich Luft zu verschaffen – gerade in atemloser Zeit.
Texte wie z.B. dieser von Selma Merbaum, den sie im Sommer 1941 geschrieben hat, als sie 17 Jahre alt war:
Ich möchte leben.
Ich möchte lachen und Lasten haben
und möchte kämpfen und lieben und hassen
und möchte den Himmel mit Händen fassen
und möchte frei sein und atmen und schrein
Ich will nicht sterben. Nein!
Nein.
Projektleitung:
Heiner Buchen
Daniela Ciccolini
Künstlerische Leitung:
Hannah Chandra Mahler
Künstlerische Co-Leitung:
Bai Li Wiegmans, Safet Mistele
Choreograf:innen:
Hannah Chandra Mahler, Bai Li Wiegmans, Safet Mistele, Chloé Lilla Bojoly, Laura Schönlau, Dženita Hasečić, Stella Schirra, Jacqueline Kärcher
Dramaturgie:
Hannah Chandra Mahler, Heiner Buchen
Musik: Carsten Thiele, Bastian Benjamin, Bongjin
Visual arts: Benjamin Brujić
Lichtdesign: Hannah Chandra Mahler
Videografie: CJ Viñalon, Julian Bidot, Sophia Klimpel-Akahoshi
Fotografie: CJ Viñalon, Sophie Yelda Siegwart
Öffentlichkeitsarbeit:
Julian Bidot, Nicolas Manstein, Sophie Yelda Siegwart
Pädagogisches Team:
Heiner Buchen, Daniela Ciccolini, Esther Roca Vila, Antonia Miermeister, Adnan Alouch, Thomas Baczkowski, Hania Jelicicova
Referentinnen für erinnerungskulturelle und historisch-politische Bildung:
Alisa Alič, Leah Rajchlin, Michelle Anna Zimmer, David C. Bou
Internationale Partner:innen:
Dženita Hasečić, Tarik Osmanagić, Esther Roca Vila